Rhythmuswechsel in den Sommer

In der Nacht von Samstag auf Sonntag springt der Stundenzeiger auf einer Uhr einfach einen Schritt weiter. Das werden wir Läuferinnen und Läufer zu Wochenbeginn merken.

Bringt uns der Transfer der einen Stunde Tageslicht aus den Morgen- in die Abendstunden aus dem Rhythmus? Hängt uns die eine Stunde weniger Schlaf, die wir am kommenden Wochenende in Kauf nehmen müssen, in den darauffolgenden Tagen nach? Wenn wir läuferisch aktiv sind, sagt eine 2021 publizierte Studie der University of Georgia, definitiv ja!

An Renntagen am ersten Tag der Sommerzeit liefen Marathonläuferinnen und -läufer vergleichsweise im Schnitt rund zwölf Minuten langsamer. Für die Studie wertete das Forscherteam die Resultate von 18 Rennen an Zeitumstellung-Wochenenden im Zeitraum der Jahre 2000 bis 2018 aus und verglichen die Marathon- und Halbmarathonleistungen mit Resultaten von Kontrollevents. Daraus entstand ein etwas ungenauer Vergleich, auch da äußere Wettereinflüsse beispielsweise nicht als Faktor kalkuliert wurden. Die Conclusio des Studien-Co-Autors Patrick O’Connor: „Unsere Körper funktionieren am besten, wenn unsere innere Uhr in Synchronität mit den Umweltfaktoren ist.“ Diese Synchronität würde durch die Zeitumstellung kurzfristig beeinträchtigt.

Aus dem Rhythmus

Dass Läuferinnen und Läufer nach der Zeitumstellung im Frühling durchschnittlich langsamer laufen, geht auf den nur vermeintlich marginalen Einfluss einer Stunde auf unseren Biorhythmus zurück. Wir Menschen sind Gewohnheitswesen und werden von Rhythmen stark beeinflusst. Unser Körper lernt unter anderem, zu welchem Zeitpunkt und unter welchen Bedingungen wir beim Sport am leistungsfähigsten sind. Die Änderung bei der Zeitumstellung bringt ihn aus dem Rhythmus, bis er sich nach einigen Tagen neu ausgerichtet und eingewöhnt hat. Außerdem kann die Bedeutung von gutem Schlaf als unsere Hauptregenerationsquelle nicht hoch genug eingeschätzt werden.

Der oft unterschätzte Einfluss der Zeitumstellung zweimal im Jahr (in Nordamerika übrigens nicht zu identischen Zeitpunkten wie in Europa, die Sommerzeit ist dort länger) ist auch ein Indiz darauf, was das Reisen zwischen Zeitzonen mit uns macht. „Wenn sich diese Rhythmusstörungen permanent und über einen langen Zeitraum wiederholen, kann das zu schweren Erkrankungen führen“, warnt Dr. Maximilian Moser, einer der führenden heimischen Wissenschafter in der Chronobiologie, in einem Interview mit dem Laufmagazin RunUp im Jahr 2018 („Im Rhythmus des Lebens“) und belegt das mit Studienerkenntnissen.

Sinnvolle Anpassungsprozesse

Laufen, insbesondere Marathonlaufen, war vor der Pandemie, und wird es zukünftig wahrscheinlich wieder, auch ein touristisches Reisegeschäft mit dem Lauf als Teil eines Erlebnispakets. Bei einer Reise zum New York City Marathon etwa gilt es den Jetlag einzuplanen. Moser empfiehlt in solchen Fällen, spätestens bei der Abreise am Flughafen auf die Zielzeit des Aufenthaltsorts eingestellt zu sein. Im Spitzensport sind die Erkenntnisse aus der Chronobiologie längst ein wichtiger Bestandteil des Gesamtkonzepts, wie auch die Vorbereitungen auf die Olympischen Spiele in Tokio vergangenen Sommer gezeigt haben.

Individuell kann der Effekt durch gezielte Anpassungsstrategien abgemildert werden. Im Beispiel der Zeitumstellung kann ein sachtes Anpassen des früher Schlafengehens den Übergang der Winter- in die Sommerzeit erleichtern. Wer kleine Kinder hat, die sich nicht an technischen Vorgaben von Uhrzeiten halten, sondern gerade ihren Tag-Nacht-Rhythmus auf natürlichem Wege gelernt haben, kennt diese sachten Anpassungsprozesse als Strategie vielleicht. Auch die Ernährung kann den Anpassungsprozess des Tagesrhythmus unterstützen. So sind Koffein in der zweiten Tageshälfte oder Alkohol am Abend generell nicht dienlich für guten Schlaf, ganz besonders nicht, wenn man plant, früher als gewohnt ins Bett zu gehen – und wenn es nur 20 Minuten sind.

Laufgenuss in der Sommerzeit

Wenn du am Sonntag eine Laufrunde planst, bereite sie achtsam vor und gönn dir genügend Schlaf in der Nacht davor. Sollte es nicht ganz so rund laufen, ist vielleicht die Zeitumstellung ein Mitgrund. Genieße deine Laufrunde zum Auftakt der Sommerzeit aber trotzdem!

Lesetipps:

RunUp-Interview mit dem österreichischen Chronobiologen Dr. Maximilian Moser: „Im Rhythmus des Lebens“

Studie der University of Georgia

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