Salzburgs Rekordsiegerin und ihr trauriges Schicksal

Am 1. Februar berichtete die kenianische Plattform „Pulse Sports“ über das traurige Schicksal der dreifachen Salzburg-Marathon-Siegerin Nancy Joan Rotich. Betrogen von ihrem ehemaligen Lebenspartner ist die heute 37-Jährige erst in die Depression und dann in die Armut abgerutscht. Ihre Geschichte steht mutmaßlich stellvertretend für das Schicksal etlicher kenianischer Läuferinnen, die unter dem fehlenden Gleichgewicht im gesellschaftlichen Zusammenleben der Geschlechter in der kenianischen Landbevölkerung leiden.

Sie vertraute in die Liebe und trauert heute einem enormen finanziellen Verlust nach. So beginnt „Pulse Sports“ die Erzählung von Nancy Joan Rotich. Rund elf Millionen kenianische Shilling groß ist die Summe, um die sie von ihrem ehemaligen Lebenspartner und Manager betrogen worden ist. Das entspricht rund 82.000 Euro, in Kenia ist das verdammt viel Geld.

„Ich habe geglaubt, es sei Liebe. Ich hab ihm alle meine Verdienste aus dem Laufsport anvertraut. Ich habe zwei Autos gekauft und auf seinen Namen registriert“, wird sie im Bericht zitiert, „Ich habe ein Haus gebaut und dachte, es wäre unseres. Nun hat er mir aber alles weggenommen.“

Außerdem hatte sie Pech mit einem Manager, der ihr das eingelaufene Preisgeld vom Doha Marathon 2018 nicht überwiesen habe – es ging dabei um umgerechnet rund 12.000 Euro. „Der Typ lebt in Deutschland und ist nicht auffindbar“, sagt sie gegenüber „Pulse Sports“. Mehrere kenianische Medien berichteten in den letzten Tagen über Nancy Joan Rotich. Die Mutter eines Kindes lebt nun in einfachen Verhältnissen in Ngong unweit der Hauptstadt Nairobi.

Drei Marathonsiege in der Mozartstadt

Ihre Laufkarriere begann in jungen Jahren durchaus verheißungsvoll. Am 6. Mai 2012 gewann sie den Salzburg Marathon in einer Zeit von 2:36:08 Stunden. Freilich war das auch für die damalige Zeit keine Weltklasseleistung. Doch es war ihr erst zweiter Marathonlauf, der erste außerhalb ihres Heimatlandes, und das Preisgeld ein motivierender Start in ihre internationale Laufkarriere. Im Herbst 2012 gewann sie die Marathons in Münster und in Metz, ehe am 5. Mai 2013 der zweite Erfolg in der Mozartstadt gelang.

Es lief: Beim Münster Marathon 2013 erreichte sie in 2:33:56 Stunden das Ziel zwar „nur“ als Zweite, es sollte aber der schnellste Marathon ihrer Karriere blieben. Im November 2013 glückte der Höhepunkt: Sieg beim traditionsreichen Athen Marathon, dem Klassiker von Marathon nach in die griechische Metropole. 2014 besuchte sie die Mozartstadt ein drittes Mal, konnte aber nicht an die Leistungen der Vorjahre anschließen und setzte sich knapp gegen Staatsmeisterin Karin Freitag durch. Sieg Nummer drei, damit ist Nancy Joan Rotich Rekordsiegerin in Salzburg.

Die überdurchschnittlich vielen Langstrecken-Wettkämpfe in jenen Jahren schienen ihrer Leistungsfähigkeit nicht gut getan zu haben. In der zweiten Karriere-Hälfte schaffte Rotich keine Marathons unter 2:40 Stunden mehr. Ihre Karriere fand 2019 mit einem positiven Dopingtest ein unrühmliches Ende. Weil die Athletin die vierjährige Dopingsperre mit einem unerlaubten Wettkampfstart missachtete, legte die Athletics Integrity Unit (AIU) vier weitere Jahre Sanktion drauf.

Kenias Frauen kämpfen für ihre Rechte

Der Fall Nancy Rotich ist wohl kein Einzelfall in Kenias Laufsport. Oft sind junge und unzureichend ausgebildete Läuferinnen ihren Partnern aufgrund der gesellschaftlichen Hierarchien in den ländlichen Gesellschaften des ostafrikanischen Landes ausgeliefert. Rotichs Fall wird nun laut dem Medienbericht von einer Initiative betreut, die sich für Gerechtigkeit gegenüber Frauen einsetzt.

Generell kommt Bewegung in die Stabilisierung der Frauenrechte und Verbesserung der gesellschaftlichen Stellung von Läuferinnen in den ländlichen Regionen Kenias. Einen juristischen Präzedenzfall führt zurzeit Rotichs Marathonkollegin Lucy Kabuu, der Ähnliches widerfahren ist. Auch sie wurde von ihrem Ex-Mann manipuliert und um eine hohe fünfstellige Summe in Euro betrogen. Nun klagt die 40-Jährige, die 2012 einmal einen Marathon unter 2:20 Stunden gelaufen ist (damals absolute Weltklasse), ihren ehemaligen Ehemann und Trainer und hofft, den ihr gebührenden Anteil zurückzubekommen.

Lesetipp auf RunUp.eu: Kenias Laufsport gegen geschlechterbasierte Gewalt

Quelle: Pulse Sports & Pulse Sports